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Haushaltsrede BG-Fraktion  -  Eberhard Meißner                                    16.03.2010

 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

verehrte Ratsdamen und – herren,

 

unsere Gemeinde Wickede hat nach dem vorgelegten Haushaltsentwurf 2010 Erträge von ca. 18,3 Mio €. Demgegenüber stehen Aufwendungen von ca. 22,5 Mio €. Unter dem Strich ergibt sich ein Defizit von 4,2 Mio €, d.h., wir geben mehr aus als wir einnehmen. Es ist wohl zu vermuten, dass es in diesem Jahr nicht mehr zu einem Haushaltsausgleich kommt. Im Gegenteil: war im Entwurf noch von geschätzten Gewerbesteuereinnahmen i.H.v. 4,7 Mio € die Rede, wurde klammheimlich am 11. März 2010 dem Haupt- und Finanzausschuss mit-geteilt, dass eben mal 1 Mio € an einen Steuerpflichtigen zurück zu überweisen sind. Vermutlich werden aufgrund der dramatischsten Finanz- und Wirtschaftskrise seit 1929 die Gewerbesteuereinnahmen weiterhin sinken. Gewinnabführungen seitens des Gemeindewerkes sind auch nicht in Sicht. Im Gegenteil: Drohverluste müssen gebildet werden, sodass auf weiterer Sicht von dort keine möglichen Zuflüsse zu erwarten sind.

 

Der Schuldenstand ist enorm. Gegenüber 2009 wird er um 5 Mio € zunehmen auf jetzt über 25 Mio €. Weitere Kassenkredite sind notwendig. Zum Teil bedingt durch die Auswirkung der Wirtschaftskrise verschärft sich diese Situation in rasanter Geschwindigkeit. Zugegeben, in der Schuldenlast sind Schulden, die durch Investitionen im Anlagevermögen entstanden sind. Investivschulden sind nicht unbedingt abzulehnen. Aber auch die gilt es langfristig abzu-stottern. Das weiß jede Hausdame und jeder Hausherr nach einem Neubau, die mit Kredit-gebern einen Rückzahlungsplan erarbeiten. Beide können sich auch keine großzügige Villa im Tessin leisten, wenn sie langfristig nur ein kleines Reihenhaus zurückzahlen können. Eine maßvolle, sachorientierte und gleichzeitig sparsame Politik ist da geboten, wo jede Investition auf den Prüfstand gehört.

Das vom Kämmerer Wiese gezeitigte Modell der Eigenkapital-Entwicklung deutet darauf hin, dass wir im Jahr 2013 buchhalterisch und bilanziell pleite sind. Diesem desaströsen Zustand müssen wir dringend entgegensteuern. Die Bürgergemeinschaft und deren Fraktion sind sich aber auch darüber im Klaren, dass kurzfristig eine Veränderung der Haushaltslage so schnell nicht möglich ist. Das hat sich ja auch am 11. März im Haupt- und Finanzausschuss gezeigt, als das peinliche Gezerre um ein Paar Euro Einsparung ging. Fatal ist es allerdings, sich der Hoffnung hinzugeben, dass sich die wirtschaftliche Lage und somit die Steuereinnahmen grundlegend ändern werden.

Langfristig und vor allen Dingen strategisch müssen die Planungen vorgenommen werden. Nach dem Verfahren des „Zero-Base-Budgeting“, d.h. von Grund auf muss neu geplant und  budgetiert werden, müssen alle Produktbereiche hinterfragt werden. Die knappen Ressourcen unserer Gemeinde müssen sach- und zielgerecht auf die zahlreichen Leistungen so verteilt werden, dass sie die zukünftigen strategischen Aufgaben optimal unterstützen. Mit gutem Willen, Disziplin und Fantasie können wir die Krise gemeinsam meistern.

Trotz der z. T. von Bund und Land übertragenen Aufgaben und Ausgaben, die auf die Kommunen und natürlich auch auf Wickede zukommen wie Kleinkinderbetreuung, Aufbau Ost, Betreuung der Langzeitarbeitslosen müssen wir der prekären Finanzsituation entgegen-treten. Wir müssen aus eigener Kraft versuchen uns dem Würgegriff des Schuldendienstes zu entziehen. Wir können auf der Ausgabenseite immer noch etwas tun.

Die Zusammenarbeit der Rathäuser zur Optimierung neuer Formen der elektronischen Verwaltung kann forciert werden. Mehr Miteinander um Steuergelder zu sparen, kann auch in folgenden  Bereichen geschehen: Bauhöfe, Schulen, Sport- und Kultureinrichtungen. In allen Bereichen sind Kooperationen denk- und machbar.

Gutes und vor allen Dingen knappes Steuergeld darf nicht mehr schlechtem hinterher geworfen und verbrannt werden. Das weiß jeder Unternehmer. „Heilige Kühe“ müssen geschlachtet werden. Wir leisten uns eine Bibliothek, obwohl der Besuch der Kreisfahrbücherei möglich ist. Über die Kreisumlage wird diese auch schon von uns finanziert. Natürlich müssten weitere Haltestellen vereinbart werden. Seit Jahren subventionieren wir die Bibliothek mit jährlich über 100.000 €. Eine drastische Verbesserung dieser Situation muss herbeigeführt werden, ansonsten müssen wir einer baldigen Schließung der Bücherei ins Auge sehen.

 

Ein weiteres „Groschengrab“ bildet das Freibad. Auch hier jährliche Subventionen von über 200.000 €. Möglichkeiten einer Sanierung: entweder Übergabe an eine private Trägerschaft oder eines Fördervereines, kostendeckende Eintrittspreise, Kooperation mit Werl.

 

Wie sieht die schulische Landschaft zukünftig in Wickede aus? Dramatische Rückgänge der Schüleranmeldungen machen auch vor unseren heimischen Schulen nicht halt. Konsequenz: Schließung der beiden Grundschulen und Integration in die Gerkenschule zu einer Verbund-schule. Langfristig muss erörtert werden, ob in das Gebäude nicht auch ein Realschul- und gymnasialer Zweig eingeflochten werden kann, damit unsere Kinder auch hier in Wickede eine schulische Zukunft haben. Sogar die Integration des Kindergartens ist möglich. Auch sollten Kontakte zur Fachhochschule Südwestfalen geknüpft werden, um zu eruieren, ob vielleicht Lehrveranstaltungen auch mal in Wickede durchgeführt werden können. Bildung aus einem Guss. Warum nicht? Andere Länder machen es uns vor. Bildung ist hier in Deutschland unsere wichtigste Ressource. Wir haben die Verpflichtung, dies zu fördern. Wickede kann dadurch zu einem interessanten Standort werden.

Die Entwicklung der Westerheideschule als Förderschule muss weiterhin unter Beobachtung bleiben.

Die Bürgergemeinschaft ist der Auffassung, dass auch nach außen hin den Wickedern unbe-dingt verdeutlicht werden muss, dass eine Rund-Um-Versorgung nicht mehr machbar ist. So sind gravierende Kürzungen bei den so genannten Transferaufwendungen gegenüber den Vereinen vorzunehmen, bestehende Verträge mit Privaten und Fremdfirmen sind auf ihre Wirtschaftlichkeit und Qualität im Sinne der Daseinsvorsorge zu überprüfen und eventuell zu beenden. Dies entspricht auch der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das Privatisierungen kommunal-öffentlicher Leistungen deutliche Grenzen gezogen hat.

Einer der vordringlichsten Aufgaben sieht die BG in der Förderung und Ansiedlung neuer Gewerbeunternehmungen. Da die Gewerbesteuereinnahmen nicht nur aufgrund der Wirt-schaftslage rückläufig sind, sondern auch von dem Wegbrechen der hiesigen Industrie, ist es dringend notwendig neue Quellen wie den Tourismus zu erschließen. Im Kommunalwahljahr 2004  entbrannte die hitzige Diskussion: was soll aus unserem Bahnhof werden? Als unab-hängiger Bürgermeisterkandidat schlug ich seinerzeit vor eine heimische, gemeindeeigene Brauerei mit angeschlossenem Restaurationsbetrieb dort zu eröffnen, um Wirtschaft und Tourismus zu fördern. Informationen holte ich mir von zwei Wickeder Braumeistern ein, die eine Machbarkeit sofort bestätigten. Spott und Häme wurden über mich ausgeschüttet und ein heute pensionierter Redakteur schrieb damals, von „utopischen, schrägen Vorstellungen eines Bürgermeisterkandidaten“. Jeder von uns weiß, was für eine magische Anziehungskraft so eine Brauerei hat. So, wie wir gerne einmal Brauereibesichtigungen wahrnehmen, so hätte ebenfalls Wickede den Zulauf von vielen interessierten Besuchern. Und sind die Besucher erst einmal hier, dann ………..? Ich will den Faden erst gar nicht weiterspinnen.

Leider entschloss sich der damalige Rat ein weiteres Subventionsgrab zu schaufeln.  

Nichtsdestotrotz war die Bürgergemeinschaft hocherfreut, als sie kürzlich lesen durfte, dass die CDU endlich ebenfalls auf diesen Tourismus-Zug aufgesprungen ist.

Die BG-Fraktion hat mutig aufgezeigt, dass mit einem langen Atem der Wickeder Haushalt saniert werden kann und wir aus der Haushaltssicherung wieder herauskommen können. Jährliche Einspaarungen von weit über einer Millionen Euro sind nicht überzogen, sodass weitere Kassenkredite nicht mehr notwendig sind.

 

Um endlich eine Kehrtwende zu erreichen, bittet die BG-Fraktion inständig, die hier an-wesenden Fraktionen, die Zivilcourage und den Mut aufzubringen, den vorgelegten Haus-haltsentwurf 2010 abzulehnen. Wir betonen, dass wir keine destruktive Politik machen wollen und machen werden, sondern Sie, Herr Bürgermeister, die Verwaltung und die anderen Frak-tionen in der Sache immer dann unterstützen, wenn es um bürgerfreundliche, zukunfts- orientierte, maßvolle und sparsame Politik geht.