Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratsmitglieder,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
unser Dank gilt zunächst unserem Kämmerer Christian Wiese. Ohne Hektik und Zeitdruck haben wir gemeinsam den Entwurf durchgearbeitet, unsere Fragen wurden geklärt und das an einem Samstag.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, in Ihrer verlesenen Rede, in der Ratssitzung am 01.10.2019 zogen Sie Parallelen zu dem Glasbläser vor unserem Rathaus.
Ja, es ist richtig, jedes Stück in seiner Hand wird ein Unikat. Aber wenn`s nichts wird, hat er zumindest in den meisten Fällen die Möglichkeit, dieses einfach wieder einzuschmelzen und von vorne zu beginnen. Sollte er zudem vor Ort keinen „Käufer“ finden, kann er im Internet seinen „Käuferkreis“ erweitern.
Bei unserem Haushalt jedoch sind die Auswirkungen viel gravierender. Unsere Bürgerinnen und Bürger werden das spüren, was wir hier beschließen. Um es deutlich zu sagen: Es ist keine leichte Aufgabe und damit keine einfache Entscheidung, was wir uns gemeinsam in welcher Höhe leisten wollen und was wirklich erforderlich ist.
Unser erster Eindruck: Jeder Fachbereich in unserer Verwaltung hat mit seinen Zahlen für jede Gruppe in unserer Gemeinde etwas „Gutes“ in den Haushalt eingebracht. Sicherlich sind daran auch die Fraktionen in diesem Rat beteiligt. Einfach ausgedrückt, ist es fast nicht möglich einzelne Maßnahmen zu kürzen oder sogar zu streichen, ohne dass es eine Bevölkerungs- oder Interessengruppe trifft. Da kommt schnell die Frage: WARUM IMMER WIR?
Aber das Streichen ist auch nicht die Aufgabe des Rates und seiner Fraktionen.
Unser Haushalt zeichnet sich dadurch aus, dass das Eigenkapital weniger wird und das stetig. Erste Zeichen deuten schon heute auf geringere Gewerbesteuereinnahmen in der Zukunft hin. Unsere Haupteinnahmequelle wird sich demnach verändern. Der Kämmerer hat deutlich gemacht, wie schwierig es ist, zu planen, aber eben auch, dass ein Haushalt oft in den guten Jahren in Schieflage gerät.
Für das vergangenen Jahr 2018 kann man allerdings noch nicht von einer Schieflage sprechen.
Der letztjährige Haushaltsplanansatz war mit minus 600 T-Euro viel zu pessimistisch, wenn man dann das Jahr mit einem offiziell festgestellten Ergebnis von 3,2 Mio. positiv abschließt. Der Hauptgrund war hier einmal mehr die Prognose der Gewerbesteuer, die mit 9,2 Mio. für 2018 ungewöhnlich niedrig angesetzt war und die im Jahresabschluss mit 11,6 Mio. festgestellt wurde, also mit einem Überschuss von 2,4 Mio. Euro. Darüber hinaus wurden rund 1 Mio. Euro weniger an Sach- und Dienstleistungen ausgegeben, wodurch die Ergebnisverbesserung von rund 3,7 Mio. Euro im Wesentlichen erläutert ist.
Das hört sich für das Jahr 2018 komfortabel an, aber ist das auch auf die Jahre 2020 ff. dauerhaft übertragbar?
Die Verwaltung selbst jedenfalls geht mit dem vorgelegten Haushaltsplan 2020 nicht davon aus. Im Gegenteil, im Vergleich zur letztjährigen Planung der Jahre 2020 und folgende geht die Verwaltung davon aus, dass wir, das gegenwärtige Ausgabenniveau vorausgesetzt und die gestiegenen Kreisumlagen unmittelbar vor Augen, die nächsten 3 Jahre mit jeweils mehr als 1 Mio. Verlust abschließen und nicht, wie noch vor einem Jahr geplant, mit jeweils 1 Mio. im Plus.
Damit hat die Verwaltung die eigene Prognose, die noch vor 12 Monaten die offizielle verwaltungsseitige Angabe war, um nunmehr rund 6 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre abgesenkt.
Der Schuldenstand wird damit einhergehend wieder von aktuell rund 25 Mio. auf 28,3 Mio. Ende 2020 ansteigen. Wenn man die negativen Finanzergebnisse der Folgejahre, die von der Verwaltung nicht explizit in der Übersicht hochgerechnet werden, mit einrechnet, wird die Gemeinde Wickede Ende 2023 wieder einen Schuldenstand von über 30 Mio. Euro aufweisen.
Man könnte aufgrund der Erfahrung der letzten vier Jahre geneigt sein zu glauben, dass die vorsichtigen Haushaltsplanungen im Ergebnis des Abschlusses immer um eine bis mehrere Millionen Euro besser waren und wir uns deshalb unbesorgt zurücklehnen könnten, frei nach dem Motto, „ist ja noch immer gut gegangen“.
Man kann aber auch so ehrlich sein und zugeben, dass es hier eine Reihe von Sondereffekten gab, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, und die wir in den vergangenen Haushaltsreden auch thematisiert haben.
Mit großer Sorge sehen wir, dass die Thematik der strukturellen Unterdeckung der laufenden Verwaltungstätigkeit wieder aufflammt. Diesmal jedoch bringt das Drehen an der Gewerbesteuer und Grundsteuererhöhungsschraube nicht die Heilung, wie das in der Vergangenheit der Fall war.
Mit unseren Steuerhebesätzen liegen wir kreis – und landesweit im oberen Drittel (1), und trotz der bereits im Haushalt vorgesehenen weiteren Erhöhungen wird der Ausgleich, der gesetzlich vorgeschrieben ist, nur über die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklagen geschafft.
Durch die Inanspruchnahme dieses Regelwerks, das einem Verwaltungsmonopoly im großen Stil gleicht, kommen wir für die nächsten Jahre um eine Haushaltssicherung und damit die Aufsicht durch eine übergeordnete Behörde herum. Gleichwohl steht wieder die Gefahr im Raum, dass wir als Gemeinde auf einem umgangssprachlich zu großen Fuß leben, wofür irgendwann später die Zeche gezahlt werden muss.
Nehmen wir hier nur unsere Straßen. Ein endloses Thema. Es werden Konzepte von externen Beratungsfirmen und Ingenieuren erarbeitet und vorgestellt. Diese Konzepte sind gut ausgearbeitet, das muss man hier sagen. Aber die dort genannten Beträge für die Unterhaltung und Instandsetzung der Straßen sind erst jetzt, auch auf Antrag der BG annähernd in unserem Haushalt berücksichtigt.
Unsere Straßen sind seit Jahren immer mehr in einen so schlechten Zustand geraten, dass sie eines Tages komplett erneuert werden müssen. Ausbaden müssen das die Eigentümer mit ihren Eigenanteilen.
Mit dem Plan, drei große und lange Straßen (Hövelstr. Nordstraße und Teile der Kirchstraße) instand zu setzen, ist ein erster richtiger Ansatz gewählt. Mehr als einen solchen Ansatz, nämlich ein ortsweites Konzept, erwarten wir für die Zukunft. Es kann und darf nicht sein, dass fehlende Instandsetzungen zu einem kompletten Neubau einer Straße führen und das heißt, es genügt nicht, nur Löcher auszubessern.
Gespannt erwarten wir alle die Neuordnung des Kommunalabgabengesetz, in dem die Anliegerbeiträge festgelegt werden, da in unserem Haushalt einige beitragspflichtige Maßnahmen geplant sind.
Gehen wir auf die weiteren großen oder zumindest auffälligen Punkte des Haushalts ein.
Kaum haben wir die große Investition zur Sekundarschule in Nutzung gebracht und werden zukünftig „nur“ die Abschreibungen zu spüren bekommen, sind die nächsten großen Investitionen deutlich im Haushalt aufgezeigt.
Die geplanten Investitionen für die Melanchthon-Grundschule sind notwendig und haben unsere volle Zustimmung. Aber dies deutet schon heute auf ähnliche Maßnahmen für die Engelhard-Grundschule hin. Die Eltern werden das sicherlich erwarten, was wir verstehen.
Fast eine Millionen Euro werden wir investieren. Wir finden das Geld gut und richtig angelegt, zumal der Rechtsanspruch für den Ganztag bereits beschlossen ist. Das ist auch Vorsorge für die Zukunft unserer Gemeinde.
Ob die Baumaßnahme an der Melanchthon-Grundschule auch ein Grund für die höheren Anmeldezahlen ist, ist offen. Eltern fordern heute zu Recht, eine „gute“, wenn nicht die beste Schule für ihre Kinder. Leider versteht jeder etwas anderes unter „gute Schule“.
Die beiden Grundschulen hier in Wickede sorgen mit Ihren Lehrerinnen und Lehrern für eine optimale Vorbereitung auf die weiterführenden Schulen und wir als Schulträger für eine optimale Ausstattung. Andere Kommunen können mit Neid auf die Ausstattung unserer Schulen schauen.
Schön wäre es jedoch, wenn Eltern erkennen würden, dass zudem kleine Klassen deutliche Vorteile für ihre Kinder haben. Die aktuelle Zahl sind 84 einzuschulende Kinder. Ideal, wenn man mich fragt. Diese 84 Kinder könnten sich auf je 2 Klassen je Schule verteilen, wenn die Eltern nicht andere Gründe für die Wahl herangezogen hätten.
Ich würde mir wünschen, dass diese Eltern noch einmal über ihre Entscheidung nachdenken.
Ob wir in Wickede darüber hinaus einen Bikepark brauchen oder nicht, möchte ich hier nicht diskutieren. Uns fehlen dafür mehr Informationen über mögliche Nutzer und den Bedarf einer solchen Anlage. Auch, dass wir die Boule Anlage jetzt doch nicht als Leader Projekt machen, ist nicht wichtig. Ob jedoch die viele Zeit und die Arbeit, die bis jetzt in den Plan gesteckt worden sind, umsonst waren, werden wir sehen. Wenn wir nicht auf LEADER gesetzt hätten, dann hätten wir bestimmt schon eine Saison spielen können.
Kommen wir, weil es zum Thema passt, zum Soccer-Court an der Gerken Sporthalle. Dieses Projekt fußt auf den Gesprächen mit Jugendlichen. Wenn wir „Glück“ haben - und davon geht dieser Haushaltsentwurf - aus, wird uns Leader einen großen Anteil der Kosten der 75.000 Euro „abnehmen“. Endlich bekämen wir einen spürbaren Betrag zurück und wären nicht nur zahlendes Mitglied für die Organisation.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang Folgendes ergänzen. Der „Politische Frühling“ ist eine gute Idee der Jugendlichen bzw. der aufsuchenden Jugendarbeit, aber leider auch eine mit vielen Missverständnissen. So kam es in der Vergangenheit immer wieder vor, dass Anregungen und Wünschen der Jugendlichen im wahrsten Sinne des Wortes die Luft ausging.
Auch wir, die anwesenden Vertreter der Fraktionen, müssen uns diesen Schuh anziehen. Dachten wir doch, dass z.B. mit der Anwesenheit des Bürgermeisters und damit des Chefs der Verwaltung die Wünsche und Anregungen aufgenommen und vorangetrieben würden. Nein, er ging davon aus, dass wir das tun. Damit machte es keiner.
Also als Resümee: Wir müssen diese wichtige Gruppe unserer Bevölkerung ernst nehmen, wir müssen besser werden und der Soccer-Court wäre ein deutliches Signal.
Hierzu gehört auch unser Antrag zum beleuchtetem Fußweg nach Echthausen eine weitere Maßnahme, die auf den politischen Frühling zurückgeht.
Lassen Sie uns ein Zeichen setzen und aktiv am Vertrauen in die Politik hier vor Ort arbeiten. Ich habe lernen müssen, wie langwierig viele Vorgänge sind. Die Zeit zwischen Idee und finalem Beschluss können wir aber nutzen, um besser zu informieren. Damit erreichen wir, dass es nicht mehr heißt: „Die tun ja nichts“, „passiert ja sowieso wieder nichts“.
Kommen wir zu den Sport- und Freizeitanlagen. Hier möchte ich nur auf das Freibad eingehen. An dieser Stelle sei dem Förderverein gedankt. Die Mitglieder und Freunde des Vereins investieren nicht nur ihre Zeit, sondern auch viel Herzblut in die Arbeit. In diesem Jahr wurde dieses Herzblut jedoch aus meiner Sicht mit Schmäh und Gelächter gewürdigt. Hier sei die Veranstaltung zum 50 zigsten Geburtstag genannt. Ich denke, alle wissen, wovon ich spreche.
Sehr geehrter Herr Bäcker, ich möchte mich, wenn auch sehr spät, ausdrücklich bei Ihnen entschuldigen. Ich habe Ihnen in der Ratssitzung am 11. Juli in der Gemeindehalle Echthausen nicht beigestanden. Sachlich betrachtet hatten Sie völlig recht. -PUNKT-
Lassen Sie mich auf das Projekt „Sanierung des Bürgerhauses“ kommen.
Warum wir eine Sanierung des Bürgerhauses in Angriff nehmen müssen, ist hinlänglich besprochen worden. Eine erste Kostenübersicht liegt vor, aber auch hier, oder gerade hier, sollten wir die Erfahrungen aus der Renovierung und Erweiterung der Sekundarschule berücksichtigen.
Wie schreiben wir was aus und wer begleitet diese sehr umfängliche Baumaßnahme? Haben wir das richtige Know-how an unserer Seite?
Der Antrag für die so dringend benötige finanzielle Unterstützung ist gestellt. Was, wenn wir die erforderliche Unterstützung nicht bekommen? Hier fehlt uns Plan B im Haushalt.
Im Haushalt sind Kosten von 6.725.351 EURO genannt. Der größte Einzelposten! Hier spielen wir mit dem Geld aller Bürgerinnen und Bürger, sowie der Unternehmen in unserer Gemeinde, eine Art von Lotto.
Wir wünschen uns alle diesen Lottogewinn.
Lassen Sie mich abschließend noch auf die Kreisumlage kommen und ich bitte Sie, dies als Anregung zum Nachdenken zu nutzen.
Wir hier im Rat machen uns Gedanken über die Höhe der Kreisumlage. Die Tendenz zeigt dabei immer weiter nach oben. Ich wollte wissen, wer dafür im Wesentlichen die Entscheidung trifft. Mein Recherche-Ergebnis: Es sind die Vertreter der CDU und SPD im Kreis und beim Landschaftsverband.
Warum? Die Mehrheitsverhältnisse machen das deutlich. Wenn hier im Rat noch scheinbar oft gegeneinander gestimmt wird, dann ist es die Mehrheit aus CDU und SPD im Kreis und die noch deutlichere Mehrheit aus CDU und SPD im Landschaftsverband.
In Zahlen bedeutet das: 26 zu 7 oppositionelle Stimmen [78%] hier im Rat (1), 49 zu 17 [74%] im Kreis (2) und 86 zu 30 [74%] Stimmen im Landschaftsverband (3). Selbst alle Splitterfraktionen zusammen, haben im jeweiligen Gremium keine Chance das zu ändern. Viele Anträge auf Kreisebene werden sogar von CDU und SPD gemeinsam gestellt. Das wirkt, aber in welche Richtung.
Nur Sie liebe, CDU und SPD, haben es in der Hand, auf ihre Vertreter einzuwirken, damit es bei uns in den Gemeinden anders und spürbar besser wird. Es darf nicht sein, dass unsere Vertreter scheinbar vergessen, woher sie kommen.
Dieser Haushalt hat Risiken und Chancen und daher muss jeder für sich entscheiden, ob er oder sie dem Haushalt zustimmt.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Für die Fraktion der Bürgergemeinschaft (BG) Wickede e.V.
Uwe Eder, 03.12.2019
-Es gilt das gesprochene Wort-
(1) https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Hebesaetze.html
(2) https://www.wickede.de/wirtschaft-politik/gemeinderat/
(3) https://www.kreis-soest.de/politik_verwaltung/politik/kreistag/kreistag.php
(4) https://www.lwl.org/de/LWL/Politik/landschaftsversammlung/sitzverteilung-2014-2020/